Sonntag, 18. März 2012

Letzte Wintereinblicke

Nachdem der Frühling nun langsam den Winter abzulösen scheint, möchte ich den Blick noch ein letztes Mal auf die kalte Jahreszeit richten.

Am Morgen des 31.01.2012, zogen Stefanie Pfefferli und ich raus in`s "Watt", um Aufnahmen der spektakulären Kulisse zu machen, die sich uns an diesen Tagen bot:
Scheinbar ewig verlaufende Eisflächen, welche sich durch die kalte Witterung der letzten Wochen gebildet haben, in Form von Eisschollen, die sich zeitweise sogar zu Miniatur-Eisbergen auftürmten.
Nur am Horizont Richtung Nord-Osten ließ sich eine klar abgegrenzte Linie erkennen, die Elbe, welche zugleich das Ziel unseres Ausflugs war.






























Auf ihr fuhren wie immer verschiedenste Schiffe, die aus der Ferne gesehen, wie große Eisberge wirkten.
Somit begannen wir unser Manöver, ausgerüstet mit mehreren Lagen warmer Kleidung, Fernglas, Kamera, Spektiv, Tee und verschiedenen Sicherheitsvorkehrungen wie GPS und Verbandskasten, die wir jedoch immer dabei hatten, wenn es raus in das Wattenmeer ging.

Auf den ersten Metern wurde uns nochmal bewusst, dass Eis nicht gleich Eis ist: Es existieren verschiedenste Formen und Härtegrade, manche elastisch, manche extrem porös. Wind und die Strömung, welche vor allem bei Hochwasser unter den Eisschollen agiert, formen diese.
Einige Inuit-Stämme haben nicht einmal ein gängiges Wort für "Eis", jedoch etliche Ausdrücke, die es in all seinen Formen umschreiben.
Nach längerem und langsamen Vortasten, bekam man einen Blick für besonders brüchige oder rutschige Stellen und konnte ihnen meistens ausweichen. Das man manchmal jedoch bis zu den Knien einsank ließ sich nicht vermeiden und wir akzeptierten es als Kompromiss für unser Vorhaben.

Ein einzelner Singschwan flog über das Eis hinweg auf die Insel zu, ließ sie aber rechts liegen und setzte den Weg weiter Richtung Festland fort.

Wir passierten ungefrorene Stellen, welche auch bei Niedrigwasser in Bewegung waren und nun umso mehr, weil sich hier große Mengen von Watvögeln und Möwen sammelten: Austernfischer, Große Brachvögel, größere Schwärme von Alpenstrandläufern und Sanderlingen, die knapp über das Eis flogen und sich mit ihrem sehr hellen Gefieder geradezu passend in die Landschaft einfügten.
































Wir näherten uns recht zügig der Elbe und konnten schon von Weitem erahnen, dass uns große Möwenschwärme erwarten würden. Daran, dass dazwischen auch kleine Überraschungen zu finden waren, haben wir nicht gedacht.
Als das Ufer jedoch in das Blickfeld unserer Ferngläser kam, erkannten wir schon einen recht großen, dunklen Vogel, der sich auf einer Eisscholle auszuruhen schien.
Mit jedem Schritt wurde uns klarer, was wir vor uns hatten: Eine Raubmöwe!
Um diese Jahreszeit käme eigentlich nur eine Skua in Frage, doch störten uns verschiedene Merkmale. Der Vogel war zwar plump, aber nicht von der Gestalt wie eine Skua es hätte sein sollen, Struktur und Färbung sprachen ebenfalls für eine andere Art: Eine Spatelraubmöwe.



























Während viele seiner Artgenossen bereits vor Westafrika waren, saß dieser Vogel noch in den gemäßigten Breiten, die jedoch alles andere als gemäßigt wirkten.
Als Brutvogel Skandinaviens und Tundragebietes südlich des Nordpols, schien sich dieser Vogel in der eisigen Nordsee sehr wohl zu fühlen und tatsächlich taten es ihm zwei weitere Artgenossen gleich.
3 Spatelraubmöwen hatten sich nun an der Elbe eingefunden und wurden sogar aktiv: Mit unglaublich geschickten Flug-, und Wendemanövern schafften sie es immer wieder den massig anwesenden Silbermöwen ihre Beute zu entlocken.




























Auf dem Fahrwasser konnte man mehrere Blicke auf Sterntaucher und Trauerenten erhaschen, alles Gäste aus den Polargebieten, die sich wohl fragten ob sie, statt in den Süden einmal im Kreis geflogen waren.

Die Zeit verging schnell, weshalb wir beschlossen uns wieder Richtung Insel zu begeben
Auf dem Rückweg konnten wir unsere Fußspuren einwandfrei zurück verfolgen. Da wir mit der gleichen Tide wieder zurück gingen, hat sich das Eis nicht verändert.

Erst am nächsten Morgen, wenn das Hochwasser der Nacht Wasser unter die Schollen spült, sie bewegt, aneinanderkrachen lässt, jeder Windstoß feingeriebenes Eis an andere Orte trägt und die schnell zunehmende Kälte die bereits vorhandenen Massen um das doppelte wachsen lassen kann, wird einem bewusst wie flexibel und beeinflussbar diese rießige Fläche ist. Doch während sich das Eis unter überraschend lautem Knacken langsam ausbreitete und erahnen ließ, welche Kräfte sich hinter diesen Bewegungen befinden, hatten wir schon wieder festen Boden unter den Füßen und saßen in der Mitarbeiter-Unterkunft des Verein Jordsand.

So wie sich manche Menschen erst wieder wohl fühlen, wenn sie von einer Insel wieder auf ihr vertrautes Festland aufsetzen, waren wir mit der Sicherheit zufrieden die uns unsere Insel in diesem Moment gewährleistete.




























Ich wünsche allen ein besinnliches Frühjahr!


Maximilian Fader

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